26.03.2003 05:56
Zwischen Denkmalschutz und Sicherheit
Deutsche Bahn AG werkelt ohne Genehmigung an der geschützten Wehratal-Eisenbahnbrücke
Mitarbeiter der Deutsche Bahn AG haben wichtige Teile der alten Eisenbahnbrücke über die Wehra entfernt - obwohl sie seit 1987 unter Denkmalschutz steht. Eigentlich müssten Veränderungen des Bauwerks von 1890 von den Behörden genehmigt werden. Der Denkmalschutz sei ihr nicht bekannt, erklärt die Deutsche Bahn AG. Aber Briefe beweisen: Die Bahndirektion wusste von dem Denkmalschutz.
Wehr
VON HEINZ HILBRECHT
 
Bild:
Die Eisenbahnbrücke über die Wehra steht unter Denkmalschutz. Und trotzdem begann die DB ohne Genehmigung mit dem Abbau von Schienen und Schwellen.

Foto: Hilbrecht

Wehr - Mitarbeiter der Deutsche BahnAG haben seit Februar Schienen, Holzschwellen, Abdeckbleche und das Geländer der "Großen Wehratalbrücke" der stillgelegten Wehratalbahn entfernt. Überrascht reagierte die untere Denkmalschutzbehörde im Landratsamt und das Landesdenkmalamt in Freiburg. Denn von den Arbeiten an der Eisenbahnbrücke am Südrand von Wehr erfuhren ihre Mitarbeiter erst durch die Anfrage des SÜDKURIERS.

"Die große Wehratalbrücke ist seit 1987 ein Kulturdenkmal", stellt Gitta Reinhardt-Fehrenbach vom Landesdenkmalamt klar. Grundlage seien wissenschaftliche und heimatgeschichtliche Gründe und ein öffentliches Interesse. Geschützt sind Kulturdenkmäler nicht nur gegen Abriss. Auch ihr Charakter muss erhalten bleiben.

Landrat Bernhard Wütz hat die Deutsche Bundesbahn, wie damals die Deutsche Bahn AG noch hieß, auf die "Kulturdenkmaleigenschaft" der großen Wehratalbrücke hingewiesen. Dem SÜDKURIER liegt sein Schreiben vom 13. Dezember 1990 an die Bundesbahndirektion Karlsruhe vor. Dort heißt es: "Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass beim Abbruch, beziehungsweise Rückbau der großen Wehratalbrücke auf der Gemarkung Wehr Ihrerseits ein denkmalschutzrechtliches Verfahren eingeleitet werden müsste."

Ein solches Verfahren hat es nicht gegeben, sagt Martin Schmolke, Pressesprecher der Deutsche Bahn AG: "In unseren Unterlagen lässt sich der Denkmalschutz nicht nachvollziehen." Er sei nicht bekannt gewesen und deshalb wurde kein entsprechendes Verfahren eingeleitet.

Allerdings war der Bahn der Denkmalschutz offenbar bekannt, wie Briefe aus dem Archiv der ehemaligen "Interessengemeinschaft Wehratalbahn" belegen. Die Bundesbahndirektion Karlsruhe schrieb am 24. Oktober 1990 (Aktenzeichen: Fr 4103 Le Wehr) an die Europäische Vereinigung zur Erhaltung von Dampflokomotiven (Eurovapor): "Auf der Strecke Schopfheim-Wehr/Baden befindet sich eine unter Denkmalschutz stehende Brücke." Damals diente sie als Argument gegen ein Pachtgesuch von Eurovapor. Die Vereinigung wollte im Wehratal eine Museumsbahn betreiben. Aber die Bahn wollte ihre Strecke nicht mehr unterhalten, weil die Kosten durch das Transportaufkommen nicht gerechtfertigt seien. Stattdessen sollte Eurovapor der Bundesbahn "zu gegebener Zeit ein Kaufpreisangebot unterbreiten."

Nun steht zur Debatte, ob die Deutsche Bahn AG gegen den Denkmalschutz verstoßen hat. Den Grund für die Abbaumaßnahme erklärt Pressesprecher Martin Schmolke: "Die Gemeinde hat uns auf eine Unfallgefahr hingewiesen." Auch eine Absicherung gegen Kinder sei gefordert, weil sie auf der Brücke Mutproben veranstalten. "Wenn die Brücke eine Unfallgefahr darstellt, müssen wir entsprechend reagieren", erklärte Martin Schmolke.

"Die Schienen gehören dazu", sagt Erich Benedix, der Leiter der unteren Denkmalschutzbehörde im Landkreis Waldshut. Ohne Schienen und Gleiskörper sei eine Eisenbahnbrücke unvollständig. Ganz ähnlich hat das Denkmalamt schon den Tunnel bei Hasel gesehen. Als nämlich nach der Stillegung die Schienen im Tunnel entfernt werden sollten, kam der Einspruch. Ein Eisenbahntunnel ohne Schienen sei kein Eisenbahntunnel mehr.

Über Konsequenzen konnten sich die überraschten Denkmalschützer vor einer eigenen Besichtigung nicht äußern. Zuständig ist zunächst die untere Denkmalschutzbehörde in Waldshut. Sie würde gegebenenfalls das Landesdenkmalamt einschalten.

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