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20.10.2005

Stadt stellt Weichen für die Zukunft

Ziel: Mittelfristiger Anschluss der Wehratalbahn an das Regio-S-Bahn-System

Die Stadt Wehr soll die Trasse der Wehratalbahn für eine mögliche Reaktivierung sichern. Der Gemeinderat steht voll hinter dem Projekt. Denn laut Gutachten eines Nahverkehrsexperten lasse die Trasse attraktive Betriebskonzepte zu, die die Straße nicht biete. Mittelfristiges Ziel soll dabei ein Anschluss der Wehratalbahn an das Regio-S-Bahn-System sein.

VON JEANETTE MOSER

Wehr - Der letzte Güterzug verließ Wehr im August 1971 in Richtung Schopfheim. Mit der endgültigen Einstellung des Güterverkehrs auch in Richtung Bad Säckingen im Jahr 1990 erfolgte das Aus der Wehratalbahn. Da Ende der 80er Jahre eine solche Entwicklung absehbar war, fassten damals die Gemeinderäte der Städte Wehr, Schopfheim und Bad Säckingen den Grundsatzbeschluss, das Interesse am Erwerb der Wehratalbahntrasse bestehe, falls diese zum Kauf angeboten würde.

Im April beschloss der Wehrer Gemeinderat, den Nahverkehrsexperten Ulrich Grosse mit der Ausarbeitung eines Gutachtens über die Reaktivierung der Wehratalbahn zu beauftragen. Zuvor hatte die Deutsche Bahn AG angekündigt, die stillgelegten Gleise beziehungsweise die Grundstücke zu veräußern.

Der Nahverkehrsexperte nannte in der jüngsten Gemeinderatssitzung erfolgreiche Beispiele. Unter anderem wurde die 37 Jahre stillgelegte Strecke von Zollhaus-Blumberg nach Immendingen reaktiviert. "Täglich transportiert sie rund 1000 Fahrgäste", informierte Grosse. Allerdings dauerte die Wiederbelebung der Strecke rund 15 Jahre. Positiv wertete er auch die Wiesentalbahn. Deren Einbeziehung in das Regio-S-Bahn-Netz von Basel habe einen erheblichen Modernisierungsschub ausgelöst. Besonders lobend hob Grosse den integralen Taktfahrplan hervor, der maßgeblich von Schweizer Seiten für den Südwesten vorangetrieben worden sei. Liege ein solcher Taktknoten in einem Bahnhof zum Beispiel in Schopfheim, so habe man mit einem vernünftig geplanten Verkehrsmittel aus Wehr, gleich ob es sich um einen Bus oder einen Zug handelt, dort immer gleichzeitig Anschlüsse in die Richtungen Zell oder Lörrach-Basel.

Und umgekehrt kommt man aus beiden Richtungen zeitgleich in Schopfheim an, so könnte das Zubringerverkehrsmittel aus Wehr beide Richtungen zugleich optimal abnehmen - ohne große Wartezeiten für den umsteigenden Gast nach Wehr.

Insgesamt hat Ulrich Grosse sechs verschiedene Betriebskonzepte ausgearbeitet. Am sinnvollsten stuft der Tübinger Fachmann die vorgeschlagene Variante zwei ein, in der bei Wallbach ein Abzweigebahnhof geschaffen werden soll. Für Grosse hat die Anbindung an Schopfheim an die Trasse der Wiesentalbahn oberste Priorität, zweitrangig ist die Anbindung an Bad Säckingen. Alle Fraktionen begrüßten eine Reaktivierung. Gerhart Knausenberger (SPD): "Diese Bahn hat Zukunft." Für Doris Richter (Grüne) ist die Reaktivierung der Trasse sogar noch wichtiger als die A98. Sie fragte nach, ob man auch Busse einsetzen könne. Grosse: "Das Bussystem ist nicht so interessant." Bisher komme man mit dem Bus zwar gut nach Wehr und von Wehr weg. Doch die Anschlüsse in Bad Säckingen und Schopfheim seien schlecht.

Auch Wolfgang Meyer (REP) sprach sich deutlich für eine Wiederbelebung der Wehratalbahn aus. Doch es müsse mehr Haltestellen geben. Meyer: "Ohne Flienken wird es schlecht." Horst Scraback (CDU) bezeichnete die Reaktivierung als ein zukunftorientiertes Projekt. Scraback: "Sie fördert die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt." Bernhard Stockmar (CDU) erinnerte daran, dass die Landkreise Lörrach und Waldshut und die Städte Schopfheim und Bad Säckingen das Gutachten finanziell mitgetragen und damit auch ihr Interesse an der Trasse bekundet hätten.

Die Verwaltung soll nun mit den Nachbarstädten und den für Nahverkehr zuständigen Stellen alle - auch die finanziellen - Möglichkeiten einer Wiederbelebung der Wehratalbahn prüfen. Bürgermeister Michael Thater: "Die Reaktivierung ist ein echter Kraftakt."

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