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Die Elektrifizierung

der

Wiesen - und Wehratalbahn

Das Projekt Gütertriebwagen ET 95

Das nachstehende dürfte den meisten Eisenbahnfreunden bis jetzt nicht bekannt gewesen sein.

Am 31. Januar 1941 richtete das Reichsbahn-Zentralamt an die Direktionen Augsburg, Breslau, Erfurt, Halle, Hannover, Karlsruhe, Linz, München, Nürnberg, Regensburg, Stuttgart, Villach und Wien das nachstehende Schreiben:

"Betreff: Gütertriebwagen für Wechselstrom, Baureihe ET 95.

Von verschiedenen Reichsbahndirektionen wurde der Wunsch geäußert, einen Gütertriebwagen für Wechselstrom zur Beförderung von leichten Güter-und Personenzügen zu entwickeln. Der Triebwagen könnte auch auf Nebenbahnen eingesetzt werden.

Für den Triebwagen sind folgende Daten vorgesehen:

Achsfolge Bo' Bo'  
Stundenleistung 924 kw bei 63 km/h
Dauerleistung 804 kw bei 69 km/h
Leergewicht rund 50 t.  
Achsdruck (leer) rund 12,5 t  
Anfahrzugkraft 12 t  
Höchstgeschwindigkeit 90 km/h  
Ladefläche rund 30 m2  

Nach beiliegendem Zugkraftschaubild ergeben sich etwa folgende Leistungen:

Zuggewicht
t
25 %o
10 %o
0 %o
Steigung
ET 95
90
90
90
km /h
ET 95 + 100 t
65
85
90
km/h
ET 95 + 200 t
50
70
90
km/h
ET 95 + 400 t
55
80
km/h
ET 95 + 600 t
35
75
km/h

Die Leistung des Gütertriebwagen ET 95 ist ungefähr die Hälfte der Leistung der Lokomotive E 44.

Die Gütertriebwagen werden mit Zugsteuerung ausgerüstet. Sie können in Zügen mit den Triebwagen ET 25, 51 und 55 laufen. Außerdem können sie mit den Steuerwagen ES 25, 51, 55 und den Beiwagen EB 51 betrieben werden.
Die Gütertriebwagen sind also vielseitig verwendbar
.

Wir haben 2 wagenbauliche Entwürfe aufgestellt. Der Entwurf 1, Sk 446 enthält bei einem Gepräekraum von etwa 30 m² Ladefläche einen Postraum, dessen Wand als Faltwand ausgebildet ist. Bei Nichtbenutzung des Postraumes kann dieser als Gepäckraum mitbenutzt werden. Der Entwurf 2, Sk 456 zeigt den gleichen Wagen wie Entwurf 1 , jedoch um die Länge des Postraumes verkürzt.. Seine Ladefläche beträgt 32 m².

Wir bitten um Ihre Stellungnahme zu folgenden Fragen:

1) Wird die Entwicklung und der Einsatz des geplanten Gütertriebwagens für zweckmäßig gehalten?

2) Wieviel Gütertriebwagen werden bei normalen Betriebsverhältnissen etwa benötigt?

3) Welcher wagenbauliche Entwurf wird für zweckmäßiger gehalten?

4) Werden für die Triebwagen Durchgänge mit offenen Übergangsbrücken nötig?

Ihre Stellungnahme bitten wir uns baldmöglichst zu übermitteln.

Gez. Unterschrift"

Die in obigem Schreiben erwähnten Entwürfe Sk 446 und Sk 456 sind den uns vorliegenden Akten leider nicht beigegeben.

Die Direktion Karlsruhe leitete obiges Schreiben am 13. Februar 1941 an das Maschinenamt in Freiburg weiter mit dem Zusatz

"Wir ersuchen hierzu um Stellungnahme im Benehmen mit dem Betriebsamt und dem Verkehrsamt.

Gleichzeitig ersuchen wir, zu prüfen, ob es durch den Einsatz dieser Wagen nicht möglich wird, die noch im Betrieb befindlichen älteren Lok der Reihe E 71 zu ersetzen."

Das Maschinenamt Freiburg setzte im Benehmen mit den Beteiligten (Betriebsamt und Verkehrsamt Basel, Betriebswerk Basel) für den 20. März 1941 einen Besprechungstermin in Basel fest.

Über das Ergebnis der Besprechung wurde eine Niederschrift gefertigt,

welche an die Direktion nach Karlsruhe gesandt wurde.

Weitere Unterlagen über den geplanten Gütertriebwagen ET 95 sind in den vorliegenden Akten nicht vorhanden.

Das geplante Fahrzeug, welches beim damaligen Triebwagenverkehr auf der Wiesen- und Wehratalbahn vermutlich eine große Entlastung gebracht hätte, wurde als Folge des Krieges nie gebaut.
Alle verfügbaren Lokomtivfabriken waren damals mit der Produktion der Kriegs-Dampflokomotive Baureihe 52 voll ausgelastet.

Bleibt nur zu hoffen, dass die genannten Entwürfe Sk 446 und Sk 456 irgendwo in einem Archiv schlummern und eines Tages gefunden werden.

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