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Die Elektrifizierung

der

Wiesen - und Wehratalbahn

Probefahrten

Nachdem die Errichtung der Oberleitung kurz vor dem Abschluss stand, konnte man die Fahr - und Speiseleitungen teilweise in Betrieb nehmen.

Am 16. Oktober 1912 teilte die Maschineninspektion Basel der Betriebsinspektion mit:

"Im Laufe der nächsten Woche wird teilweise mit der Inbetriebnahme der Fahr- und Speiseleitungen der Wiesentalbahn begonnen. Wir ersuchen, das gesamte Betriebspersonal in geeigneter Weise darauf aufmerksam zu machen, daß jede Berührung einer Leitung, auch der herabgefallenen, lebensgefährlich ist.

Besondere Unterweisung der Stat. und Bm wird nach Beendigung der Probefahrten erfolgen."

Die Betriebsinspektion Basel verständigte sofort die ihr unterstellten Stellen.

Mit Datum vom 12. Oktober 1912 hatte bereits das Goßherzogliche Bezirksamt in Schopfheim in der Presse die Bevölkerung und die Bürgermeisterämter vor den Gefahren des elektrischen Stromes gewarnt:

Bei Zuwiderhandlung gegen diese Anweisung drohte das Bezirksamt mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder Haftstrafe bis zu 14 Tagen.

Die ersten Probefahrten dürften noch mit Lokpersonal der Firma SSW erfolgt sein.

Am 21. Oktober 1912 verfügte die Groß. Generaldirektion der Badischen Staatsbahnen, daß "für die Besetzung der elektr. Lok der Wiesentalbahn geeignete Lokf und Resf verwendet werden sollen, die in der Bedienung und Handhabung der elektr Lok besonders auszubilden sind."

Als Lokbegleiter kamen die Zugführer in Betracht, welche ihren Platz auf der Lok neben dem Lokführer erhalten und soweit ausgebildet werden, daß sie im Notfall den Zug zum Stillstand bringen können. Zunächst wurden 5 Lokführer und 5 Zugführer ausgebildet.

Im November 1912 wurden bei Probefahrten (unter ausgeschalteter Oberleitung) im Fahrnauer Tunnel diverse Unregelmäßigkeiten festgestellt. Die Generaldirektion Karlsruhe berichtete am 13. November 1912 an die Maschineninspektion Basel unter Anderem wie folgt:

"Bei der Fahrt für die Feststellung des Bügelabstandes der elektrischen Lokomotiren von der Tunnelwand im Fahrauer Tunnel wurde festgestellt, daß schon bei langsamer Fahrt die Bügelaußenkante an etwa 12 Stellen näher als 20 cm , an einzelnen Stellen bis auf 6 cm an die Tunnelwand herantritt. Dabei war die Lok noch nicht betriebsmäßig ausgerüstet; es fehlte die zusätzliche einseitige Belastung durch den Wasserinhalt des Heizkessels und des Vorratbehälters, das Gewicht des Führers und der Werkzeagausrüstung. Die zur Verfügung stehende Zeit zur Vornahme des Versuchs war zu kurz, am dabei auch festzustellen, ob die Gleislage an den gefährdeten Stellen gut war. Es sollte außerdem durch eine Fahrt mit großer Geschwindigkeit festgestellt werden, welche Schwankungen des Bügels dabei auftreten . Bei der auf 14. ds.M. angeordneten Wiederholumg der Verkehrsfahrten sollen alle Tunnelstellen festgestellt werden, an denen der Bügel sich auf weniger als 250 mm der Tunnelwand nähert; außerdem sollen die Maßnahmen vereinbart werden,die zu treffen sind, am einzelne Fahrten unter Spannung baldigst aufnehmen zu können ".

Ob im Anschluss an diese Probefahrten die Gleislage im Fahrnauer Tunnel geändert werden musste, kann den vorhandenen Akten nicht entnommen werden.

Bei diesem Foto, aufgenommen im Bahnhof Lörrach, handelt es sich vermutlich um eine Probe- oder Abnahmefahrt mit der A 1.
Foto: Archiv DB (Sammlung Eisenbahnfreunde Wehratal e. V.)

Gleich nach Aufnahme der Probefahrten auf der Wiesentalbahn traten auch Probleme mit den öffentlichen Telefonleitungen sowie mit den Telefonleitungen der Bahn auf.

Da man aber die laufenden Probefahrten mit elektrischer Kraft nicht einstellen konnte, wurden die Fahrten auf die Strecke Lörrach - Schopfheim - Zell beschränkt. Nach Einbau eines neuen Schwingungskreises sollten sie dann auch auf die Strecke Schopfheim - Säckingen ausgedehnt werden.

Die ersten planmäßigen Fahrten fanden bereits vor der offiziellen Eröffnung des elektrischen Betriebes statt. Zunächst bespannte man nur Güterzüge mit Elektrolok.

Am 20. Juni 1913 sandte die Generaldirektion ein Diensttelegramm nach Basel mit folgendem Wortlaut:

"Bi und Mi Basel
Gz 7868 / 7869 dürfen von morgen an bis auf weiteres mit elektr. Lok geführt werden. Zum Manöver auf den Stat. ist ein Bremser oder Bahnhofsarbeiter auf die Lok zu stellen, der die Signale usw. an den Lokf. übermittelt. Bezirksstellen treffen alle Vollzugsanordnungen."

Güterzug 7868 verkehrte nach Zell i.W. und verließ Lörrach etwa um 8.00 Uhr. Nach Rangieraufenthalten auf allen Bahnhöfen traf er gegen 12.30 Uhr in Zell ein.

Nur wenige Tage später wurde auch damit begonnen, verschiedene Personenzüge mit Elektrolok zu bespannen. Der genaue Tag konnte allerdings nicht ermittelt werden.
Einem Schreiben der Generaldirektion vom 25. Juni 1913 an die Maschineninspektion und die Betriebsinspektion in Basel entnemen wir:

"Nachdem die mit den neuen Lagern ausgerüsteten Lokomotiven A II 2 und A II 5 sich zur Führung der Personenzüge gut eignen, sollen damit bis auf weiteres täglich die Züge 1706, 1709, 1710, 1713, 1714, 1717, 1718 und 1719 geführt werden.
Für die Führung der Güterzüge 7868 und 7869 stehen dann die Lokomotiven A II 1 und A II 3 zur Verfügung."

Am 28. Juni berichtete die Maschineninspektion an die Betriebsinspektion Basel:

"Wir haben einschl. bis Donnerstag, den 26. diesen Monats die vorgenannten Züge (mit elektr. Lok) gefahren. Nachdem uns aber gestern die Lok A II 2 schadhaft geworden ist, mußte die elektr. Beförderung der Züge 1718 und 1719 ausfallen. Anfangs der nächsten Woche werden wir voraussichtlich die vorgenannten Züge wieder sämtlich mit elektrischer Maschine fahren."

Am 25. August 1913 erging aus Karlsruhe eine Verfügung an die Maschineninspektion Basel, in welcher man Übungsfahrten mit elektr. Loks auf den mit Fahrleitung versehenen Teilen des neuen Badischen Bahnhofs in Basel anordnete. Das in Betracht kommende Personal sollte mit den neuen Bahnhofsverhältnissen vertraut gemacht werden, damit gleichzeitig mit der Eröffnung des neuen Bahnhofs (13. September 1913) die auf der Wiesentalbahn verkehrenden Züge mit elektr. Lokomotive gefahren werden können.

Die Übungsfahrten in neuen Bahnhof fanden dann vom 8. bis 11. Sptember 1913 statt.

Im Übrigen verlangte die Generaldirektion Karlsruhe von der Maschineninspektioon Basel eine genaue Aufstellung aller vorgenommenen Versuchs-, Prüfungs- und Abnahmefahrten mit durch elektr. Lokomotiven geführten Probezügen. Diese Aufstellung hatte zu umfassen:

Tag, Strecke und Dauer der Fahrt, Bezeichnung der Lok, Zahl und Kosten des beteiligten Personals und des Materials (Schmieröl, Putzmaterial und dergleichen), Angaben über Zweck, Erfolg und besondere Vorkommnisse der Fahrt.

Die verlangten Aufschreibungen musssten so lange geführt werden, bis die letzte elektr. Lok endgültig abgenommen war.

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