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Die Elektrifizierung

der

Wiesen - und Wehratalbahn

Das Umformerwerk Basel mit seiner Pufferanlage

Die Energie für den elektrischen Betrieb der Wiesentalbahn lieferte das Rheinkraftwerk Wyhlen mittels zweier 9 km langer Erdkabel (3 X 50 mm² Querschnitt) Drehstrom einer Spannung von 6800 V bei 50 Hz. Die beiden Starkstromkabel waren in einem gemeinsamen Kabelgraben nebeneinander verlegt. Der Kabelweg im Gelände war mit dem Kabelmerkzeichen "HK" kenntlich gemacht.

Das Kabel führte vom Kraftwerk in Wyhlen zunächst zu einem Schalthaus beim Bahnhof Grenzach an der Hochrheinstrecke, von dort weiter zum Umformerwerk der Bahn in Basel.

Das Doppelkabel war ab dem Kraftwerk Eigentum der Eisenbahnverwaltung, welche das Recht für das Verlegen der Kabel auf fremdem Gelände durch Vertrag und Grunddienstbarkeit erworben hatte.

Da die Wiesentalbahn jedoch mit 10.000V bzw. 15.000 Volt *) und 15 Hz betrieben werden sollte, mußte der ausschließlich aus dem allgemeinen Landversorgungsnetz bezogene Strom entsprechend umgeformt werden.

*) In der Planung und der ersten Bauphase hatte die Staatsbahn die Wiesentalbahn für den Betrieb mit 10000V bei 15 Hz konzipiert. Doch schon im April 1911 beschloß der "Technische Ausschuß im Verband Deutscher Eisenbahnverwaltungen" die Ausarbeitung einheitlicher Richtlinien für die Wahl von Stromart, Spannung und Frequenz bei der Errichtung elektrisch betriebener Bahnlinien. Obwohl der Umfang der geplanten elektrisch betriebenen Strecken zu jener Zeit noch sehr bescheiden war und diese Strecken außerdem weit auseinander lagen, sahen die Bahnverwaltungen frühzeitig ein, daß - wie bei der Normung der Spurweite - die Ausführung der elektrischen Zugförderung einheitlich zu gestalten sei, wenn nicht ein spätererer Durchgangsverkehr an den Grenzen der einzelnen Bahnverwaltungen durch verschiedene Systeme behindert werden sollte. Daher unterzeichneten im Jahre 1912 Baden, Bayern und Preußen das "Übereinkommen betreffend die Ausführung elektrischer Zugförderung". Man wählte das Einphasen-Wechselstrom-System mit der Nennfrequenz von 16 2/3 Hz und einer Fahrleitungs-Spannung von 15000V. Diesem Abkommen schlossen sich Österreich und die Schweiz, später auch Norwegen und Schweden an.

Noch vor der Eröffnung des elektrischen Zugbetriebes wurde die Wiesentalbahn auf 15000V umgerüstet; man blieb aber vorerst bei einer Frequenz von 15 Hz.

Zu diesem Zwecke erstellte die Badische Staatsbahn in Basel ein Bahnumformerwerk, in dem durch rotierende Umformer der bezogene Strom in die für den Bahnbetrieb gewählte Stromart umgeformt wurde.

Des weiteren entschloß man sich zum Einbau einer Pufferanlage zur Deckung des Spitzenbedarfs. Da die durch die Pufferung abzudeckenden Belastungsspitzen zum Teil von recht erheblicher Dauer waren, schied die Ausrüstung der Umformer mit Schwungrädern aus; es kam daher eine Pufferbatterie zum Einsatz, die die rechnerischen Leistungsschwankungen des Bahnbetriebs zwischen 600 kW und 2000 kW auszugleichen vermochte.


Der Umformer
Foto: Archiv Eisenbahnfreunde Wehratal e.V.

Die Generaldirektion der Badischen Staatseisenbahn schloß mit den Kraftübertragungswerken Rheinfelden, dem Betreiber des Kraftwerks Wyhlen, einen Stromlieferungsvertrag über einen Dauerstrombezug von 1050 kW Drehstrom; bei Überschreitung dieser Menge kam ein (höherer) Spitzentarif zur Anwendung.

Für den Bahnumformer wurden asynchrone Drehstrommotoren mit einer Dauerleistung von je 1400 PS verwendet.

Die in Zeiten des Spitzenbedarfs fehlende Antriebsleistung wurde durch die im Keller des Umformerwerkes aufgestellte Pufferbatterie gedeckt, indem diese Strom an die Puffermaschine der Bahnumformer abgab, sobald die zum Pauschalbetrag bezogene Drehstrommenge nicht mehr ausreichte. Dabei liefen die Puffermaschinen als Motoren und unterstützten die Drehstrom-Antriebsmotoren der Umformer. Bei geringer Netzbelastung und demgemäß nicht voller Ausnutzung der Pauschalenergie arbeiteten die Puffermaschinen als Stromerzeuger und luden die Batterien wieder auf.

Eine solche Pufferbatterie bestand aus 361 Zellen Type J.S. der Akkumulatorenfabrik Aktiengesellschaft Hagen und besaß eine Kapazität von 2200 Ah bei einstündiger Entladung. Kurzzeitig konnte sie sogar bis zu 5000 Ah abgeben.

Die Pufferbatterie samt Zubehör hatte ein Gewicht von etwa 515 000 Kilogramm.


Umformerwerk in Basel im Bau
Foto: Archiv Eisenbahnfreunde Wehratal e.V.

Einer selbständigen Pufferung dienten Piranimaschinen; später wurde ein Schnellregler System Thoma eingebaut, um das Bedienungspersonal der Pufferanlage von der Anpassung der Pufferanlage an die ständig wechselnden Betriebsverhältnisse zu entlasten; fortan war nur noch ein Wärter für die Bedienung der Gesamtanlage erforderlich.

Für den Fall verminderter Lieferung oder gar Ausbleibens des Stroms infolge Eisganges auf dem Rhein war ein Turbogenerator mit 1250 kW Leistung als Reserve vorhanden, der den Drehstrombedarf vollständig zu decken in der Lage war. Auch die Kesselanlage des Heizwerkes war so bemessen, daß sie in einem solchen Falle genügend Dampf erzeugen konnte.

Umformer- und Heizwerk in Basel im Bau
Foto: Archiv Eisenbahnfreunde Wehratal e.V.


Lageplan des Fernheiz- und Umformerwerkes in Basel Bad Bf

Zwischen 1913 und 1938 arbeitete die Anlage zufriedenstellend.

Jährlich wurde die Batterie mit 1725600kWh geladen, 1522300 kWh wurden entnommen; damit besaß die Batterie einen Wirkungsgrad von 88 %, der Wirkungsgrad der Gesamtanlage stellte sich auf 65 %. Da aber die Anlagekosten dieser Pufferanlage fast die Hälfte der Investitionen in die gesamten elektrischen Anlagen ausmachten, wurde der Bahnstrom trotz des niedrigen Drehstrom-Lieferpreises doch relativ teuer. Für die Elektrifizierung weiterer Einphasen-Vollbahnen kam eine solche Pufferanlage daher nicht mehr in Frage.

Die Zuverlässigkeit in der Stromversorgung durch den Verbund der großen Überlandwerke erreichte inzwischen immer bessere Werte. Dampf- oder Diesel-Notaggregate oder gar Batterien waren daher nicht mehr notwendig und insbesondere zu teuer. Außerdem garantierte die fortschreitende Elektrifizierung den Elektrizitätswerken einen gleichmäßigeren Stromabsatz, was wiederum zur Folge hatte, daß die Bahnen keine so hohen Spitzentarife mehr bezahlen mußten wie vorher. Daher blieb die Anlage der Wiesentalbahn eine einmalige Einrichtung für die Stromversorgung einer elektrischen Vollbahn.

Die Umrichteranlage Basel

Nach rund zwanzigjähriger Betriebszeit war die Batterie der Pufferanlage so weit abgenutzt, daß ihre Erneuerung anstand, was mehrere 100000 RM erfordert hätte.

Der Energiebedarf war im Laufe der Jahre gewachsen, so daß auch eine Erhöhung der Umformerleistung und ihres Wirkungsgrades erforderlich war.

Der ins Auge gefaßte Einsatz von Oberleitungstriebwagen trug mit dazu bei, die Stromversorgung der Wiesen- und Wehratalbahn zu überdenken. So waren die erwähnten Stromversorgungskabel vom Kraftwerk Augst-Wyhlen den zukünftigen Anforderungen nicht mehr gewachsen.

Schließlich sollte schon seit langem die Frequenz auf die einheitliche Frequenz von 16 2/3 Hz umgestellt werden. Da die öffentlichen Netze inzwischen leistungsfähiger und durch ihren Verbund zuverlässiger geworden waren, übten die Lastschwankungen der Wiesen- und Wehratalbahn keinen nachteiligen Einfluß auf das Versorgungsnetz mehr aus, so daß die Pufferanlage entbehrlich geworden war. Es mußte aber eine andere Möglichkeit der Stromumrichtung gefunden werden, gab es doch bisher noch keine Anlage, die ihre Brauchbarkeit erwiesen hätte.

Die Technik der gesteuerten Quecksilberdampf-Gleichrichter war jedoch inzwischen so weit gediehen, daß man den Versuch wagen konnte, eine Umrichteranlage zu erstellen, welche aus dem Drehstrom mit 50 Hz Einphasenwechselstrom mit 16 2/3 Hz erzeugte.

Die Deutsche Reichsbahn baute deshalb in den Jahren 1934 -1936 ihre Energieversorgungsanlage für die Wiesen- und Wehratalbahn um.

Man entschloß sich, sowohl einen Umrichter, als auch einen Maschinenumformer aufzustellen, welcher letztere die Reservefunktion zu übernehmen hatte. Dazu fand der alte Umformer Verwendung, nachdem seine Leistung durch Umbau und gleichzeitige Erhöhung der Drehzahl von 300 auf 500 U/min gesteigert wurde.

Im Rahmen des Anlagenumbaus wurde die Frequenz auf den bei den anderen elektrifizierten Fernbahnen üblichen Standard von 16 2/3 Hz erhöht. Nach Inbetriebnahme des Umrichters wurden die Dampfturbinenanlage sowie die Batterie ausgebaut und verschrottet.

Gleichzeitig mit dem Umbau der Anlage stellte die Reichsbahn eine neue Bahnfernleitung von 45kV her von den Kraftübertragungswerken Rheinfelden, die nun statt Wyhlen den Strom lieferten. Gemeinsam baute man eine Fernleitung mit drei Kupferseilen (je 95 mm² Querschnitt) und einem Erdkabel 150 mm²). Ein Notanschluß mittels 45 kV-Drehstromkabel wurde vom Anschlußpunkt bei Grenzach an das Netz der Rheinfelder Kraftübertragungswerke hergestellt.

Das Doppelsammelschienensystem mit 45 kV arbeitete unmittelbar auf die Umrichteranlage, während für den Antrieb der beiden Maschinenumformer die 45 kV-Spannung über einen Umspanner auf ein Einfachsammelschienensystem von 6 kV reduziert wurde. Auf diese Dreiphasen-Sammelschiene wurden beim Umbau auch die beiden 6 kV-Kabel von dem bisherigen Stromlieferanten, dem Wasserkraftwerk Wyhlen, geführt. Des weiteren schloß man daran an die Abzweige für die elektrische Licht- und Kraftversorgung sowie die Ladegleichrichteranlage.

Ferner bestand eine Verbindung zum städtischen Elektrizitätswerk Basel für die Energieversorgung der Licht- und Kraftanlagen auf Schweizer Gebiet. Der dazwischengeschaltete dreipolige Längstrenner wurde nur bei Störungen im städtischen Netz geschlossen, um hier die allgemeine Stromversorgung zu sichern.

Sowohl der von AEG entwickelte und gebaute starre Umrichter, als auch der Umformer konnten ohne größere Probleme in dem vorhandenen Gebäude des bisherigen Umformerwerkes untergebracht werden. Die 45 kV-Freiluftanlage (50 Hz) setzte die Reichsbahn auf das Dach der alten Schaltanlage.

Der Einsatz des ersten Umrichters der Welt hatte sich bewährt; er war wirtschaftlich dem Umformer überlegen. In den folgenden zwanzig Jahren arbeitete er zufriedenstellend und der Reserveumformer wurde nur selten in Anspruch genommen.

Über zwanzig Jahre lang hat der Umrichter seine wirtschaftliche und betriebliche Brauchbarkeit unter Beweis gestellt; das Werk hat vielen Bahnverwaltungen neue Erkenntnisse in der Umrichtertechnik gebracht.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges bemühte sich die Eisenbahndirektion Karlsruhe um die Fortsetzung der Elektrifizierung von Eisenbahnstrecken in Baden, doch gestattete die Finanzlage der Bahn solches vorerst noch nicht.

Erst im Jahre 1950 konnte die Ausdehnung des elektrischen Zugbetriebes auf Vorortstrecken im Raum Basel in Angriff genommen werden.

Die Bahn erhielt einen ersten Kredit in Höhe von 1 Mio. DM, dem ein weiterer in Höhe von 1,5 Mio. folgte. Auf den beiden Abschnitten Basel - Weil (Rhein) und Weil (Rhein) - Lörrach wurde am 18. Mai 1952 der elektrische Zugbetrieb eröffnet.

Durch Bereitstellung eines weiteren Kredites von 800000 DM konnte noch im Jahre 1952 der Abschnitt Weil/Rhein - Efringen-Kirchen fertiggestellt werden.

Mit der Aufnahme des elektrischen Vorortverkehrs auf diesen Strecken war das Umformerwerk Basel voll ausgelastet. Die AEG wurde mit der Erweiterung der Schaltanlage beauftragt.

1953 begann man dann mit der Elektrifizierung der Rheintalstrecke und ein erheblich höherer Strombedarf kündigte sich an. Die Deutsche Bundesbahn beschloß, in Haltingen ein neues Unterwerk zu errichten, welches Anschluß erhielt an die in Süddeutschland bereits bestehenden 110 kV-Bahnstromfernleitungen.

Der markante Kamin des Umformer- und Heizwerkes Basel , aufgenommen um 1968.
Links im Bild wartet eine E 91, rechts fährt gerade ein ET 85 ein.

Foto © Günther Leber

Nach Inbetriebnahme des neuen Unterwerks in Haltingen zum Sommer 1956 wurden das Umformerwerk Basel stillgelegt und die gesamte Anlage verschrottet. Das Heizwerk in Basel blieb weiterhin in Betrieb, bis es gegen Ende der Siebziger Jahre dem Bau der Schweizerischen Autobahn weichen musste.

Über das Unterwerk Haltingen ist die Stromversorgung der Wiesentalbahn seither in die Bahnstromversorgung des Großnetzes der DB einbezogen.
Die Anlagen des Unterwerks in Haltingen werden schon seit vielen Jahren von Karlsruhe aus ferngesteuert.

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