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Winter auf der Wehratalbahn

Anfang Dezember 1976 kamen der alte Lokschuppen und die Drehscheibe im Bf Säckingen wieder zu neuen Ehren. Die in Säckingen stationierte Kleinlok Köf III (332 275-7) wird nun allabendlich über die Drehscheibe in den Lokschuppen gefahren. Sie ist den Winter über so nicht mehr dem Frost ausgesetzt.

Der vorzeitige Wintereinbruch am 11./12. Dezember 1976 brachte auch dem Zugbetrieb auf der Wehratalbahn erhebliche Schwierigkeiten.

Bekanntlich herrscht hier nur noch Güterverkehr mit Übergabezügen, gefahren von der Köf 332 275 - 7. Am Montagmorgen, 13.12. nach dem großen Schneetreiben hatte die Lok 3 Wagen mit 80 Tonnen am Zughaken. Hätte die Rangier-Mannschaft auch nur einen Wagen (oder 10 Tonnen) mehr angehängt, wäre das Züglein hoffnungslos auf der Strecke liegengeblieben. Ab Wallbach wurde der Schnee immer höher. Ab Oflingen in Höhe des ehem. Posten 12a waren die Schienen nicht mehr auszumachen. Von hier aus gings nur noch mit ca. 20 km/h den Berg hinauf. Ständiges Schleudern der Lok. Die Sandrohre waren vom Schnee hoffnungslos verstopft. Ein Weiterkommen war nur möglich mit "voller Pulle" der Maschine, ohne Zurücknahme beim Schleudern. Auf halbem Wege Oflingen - Wehr schien es fast aus. Doch die Räder fassten glücklicherweise wieder. Der Schnee wurde vor sich hergeschoben. (Die Schneehöhe betrug 30-40 cm.)

Der Bahnhof Wehr war total im Schnee versunken. Es wären wunderbare Szenen für einen Film gewesen. Die Sträucher, übervoll mit der weißen Pracht, hingen ins Profil und kratzten an den Scheiben der Lok. Der Übergang in Wehr mußte mit Anlauf genommen werden. Der Schneepflug der Stadt Wehr hatte an der Seite ganze "Berge liegen gelassen.
Und dann spricht man bei der DB nicht vom "Wetter??!!

(Quelle: EW-Report Dezember 1976)

Abenteuerlich Samstag,15.Januar 1977, ein Tag wie jeder andere, so schien es erst. Die Autofahrt von Wehr zum Dienst nach Säckingen, früh gegen 4.50 Uhr,erwies sich jedoch schon äußerst schwierig.
Der Fussweg vom Büro des Fahrdienstleiters in Säckingen bis zum Lokschuppen endete dort mit nassen Füssen. Nachdem unser Maschinchen aufgerüstet ist, wird der Fdl angerufen,um zu er fahren, was denn um Gottes Willen die Schicht vom Vortage fabriziert hat, außerdem fehlte noch der Rangierer.

Eine böse Unregelmäßigkeit hatte den Zugverkehr am Vortage beeinträchtigt und uns ein Durcheinander hinterlassen. Na ja,das kann am heiligen Samstag heiter werden. Durch den ungewohnt vielen Schnee blieb ich im Tor des Schuppens prompt mit der Lok hängen. Nach mühevoler Hin--und Herrutscherei sind die Lok und ich endlich aus dem Schuppen raus. Nun muß ich mit einem Zugschluß-Signal "bewaffnet"wieder durch den Schnee stapfen zum Güterzug 65103, der uns die Wagen bringt. Der 65103 ist fertig und fährt ab in Richtung Waldshut, ich laufe zurück,um mit der Lok auf die Drehscheibe zu fahren. Hier blieben wir erneut stecken. 15 wertvolle .Minuten brauchen wir, um die Lok zu drehen und auf Gleis 4 umzusetzen. Als 68151 gehts dann ab nach Murg, Lz-Fahrt 87140 zurück nach Säckingen. Dort angelangt, ruft der Kollege vom Stellwerk l herunter: "die Weichen gehen nicht rum". Die Leute von der Schneewache haben also mal wieder sauberste Arbeit gemacht. Aber was was hilfts: Besen holen und alles noch einmal gründlich geputzt.

Nun endlich können wir den Ortsrangierdienst in Säckingen beginnen. Gegen 8.50 Uhr (Plan-Abfahrt wäre 7.35 Uhr gewesen) sind wir endlich abfahrbereit als 68162 nach Wehr mit 4-G-Wagen = 45 Tonnen.

Das Gleis unterwegs mußten wir suchen, es war schlimmer, wie am 12. Dezember 1977 (siehe oben) beschrieben. Die Büsche hingen voll ins Profil, mit Unmengen Schnee beladen.

In Wehr endlich angekommen, wartet die nächste Hiobsbotschaft auf uns: Alle Wagen mitnehmen und in Säckingen dem 65l60 einstellen. So weit, so gut. Ein erster Fahrversuch von Gleis 1 in Richtung Stellwerk mißlang infolge hohem Schnee. Also wieder runter. Die 4 Wagen mußten an die Halle. Nächster Versuch über drei Weichen auf Gleis 4 bis zur Gleiswaage. An die Halle gehts, aber zurück über die Gleiswaage ist der Ofen dann aus. Die Lok geht hinten hoch, 30 cm zurück und sie geht vorne hoch, so gehts jetzt munter etwa 60 Minuten lang hin und her. Die Sandhähne sind selbstverständlich hoffungslos verstopft. Wir müssen das Eis unter dem Schnee Stück für Stück wegpickeln. Als wir dann endlich frei sind, hängen wir die Wagen ab, und fahren erst einmal mit der Lok alleine hin und her. War das eine Rumpelei! Fast sah es so aus, als würden wir neben den Schienen in der Gegend rumrutschen. Elf Wagen warteten auf uns. Endloses Luft pumpen. Es stellte sich raus, dass infolge Frost und Feuchtigkeit einige Dichtungen an den Luftschläuchen undicht geworden waren, dort ging nun die Luft zum Teufel. Aber mein Rangierer ist ein alter Fuchs. Zu was hat man ein feuchtes Maul und genügend Speichel an Bord. Kräftig darauf gespuckt und die Sache hebt.

Fünf Minuten vor Zehn sind wir endlich abfahrbereit als 68163 nach Säckingen. Der 65160, dem wir in Säckingen unsere Wagen hätten beistellen sollen, war bei unserer Ankuft in Säckingen längst über alle Berge. Wir stellten unser Züglein auf Gleis 5 ab und überließen den "schwarzen Peter" der nächsten Schicht.

Die nassen Füße hielten übrigens den ganzen Morgen an, bis zum Feierabend.

Der 19. Janauar war wieder fast genau so ein Tag. Wie viel folgen noch in diesem Winter?

Franz Wiemann

(Quelle: EW-Report Januar 1977)

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