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Planung und Bauausführung

Irn Interesse der Landesverteidigung wurden projektiert:

Strecke Leopoldshöhe - Lörrach
6,337 km
Strecke Schopfheim - Säckingen
19,674 km
Strecke Weizen - Immendingen
44,565 km
Umgehungsbahnen insgesamt
70,576 km

Folgende Bedingungen wurden vorgegeben:

1. Zwischen Leopoldshöhe (heute Weil am Rhein) und Immendingen ist eine zusammenhängende Bahn mit vollständiger Vermeidung des Schweizer Gebietes herzustellen

2. Die Steigungen und Gefälle dürfen an keiner Stelle mehr als 10 Promille betragen

3. Der kleinste Bogenhalbmesser auf 300 Meter festgesetzt und soll möglichst wenig, jedenfalls nur auf der Strecke Weizen-Zollhaus, zur Anwendung kommen

4. In Abständen von höchstens 8 km müssen jeweils Ausweichgleise für Militärfahrzeuge vorhanden sein.

Die Vorarbeiten, d.h. die Ermittlung des allgemeinen Streckenverlaufes und die dazu gehörige Kostenberechnung, wurden im Auftrag der Reichsregierung schon vorher durch die Generaldirektion der Reichseisenbahnen gemacht. Die Bearbeitung des Detailprojektes und die unmittelbar darauf folgende Bauausführung sind von der Großherzoglichen Badischen Eisenbahnverwaltung besorgt worden.

Nach einem Überschlag sollte der Bauaufwand 35.560.000 Mark betragen. Das bedeutet umgerechnet auf den laufenden Bahnkilometer 506.000 Mark. Dies waren bereits 120.000 Mark mehr als auf der Schwarzwaldbahn zwischen Sommerau und Hornberg aufgewendet werden mußte. Die Gebirgsbildung des Gebietes machte die Bewegung von 3,5 Mio Kubikmeter Erd- und Felsmassen, die Herstellung von 264.000 Kubikmetern Mauerwerk, 3100 Tonnen Eisenbauten für Durchlässe, Brücken und Talübergänge und den Durchbruch von 8 Tunnels mit einer Gesamtlänge von 8595 Meter notwendig.

Die geologische Bodenbeschaffenheit ließ Schwierigkeiten der mannigfaltigsten Art erwarten. Als erschwerend kam die Kürze der Zeit, die zur Bauausführung zur Verfügung stand, hinzu.

Ende Mai 1887 wurde der Generaldirektion der Großh. Staatseisenbahn mitgeteilt, daß der Reichstag in dritter Lesung die Mittel für die Vervollständigung des Bahnnetzes im Interesse der Landesverteidigung bewilligt hatte. Daraufhin wurde sofort mit den Arbeiten begonnen, obwohl Seine Majestät, der Kaiser, das Nachtrags-Etatgesetz noch nicht vollzogen hatte und auch die erforderliche Zustimmung der badischen Landesstände noch fehlte.

Streckenbeschreibung der (Teil-)Strecke der strategischen Bahn von Schopfheim nach Säckingen

Übersichtsplan über die Eisenbahnen in Südbaden im Jahr 1890


Das Bauprojekt

Wie schon eingangs erwähnt, wurde bei den Berliner Verhandlungen über den Bau der strategischen Bahnen verlangt, die Großh. Badische Eisenbahnverwaltung solle sich verpflichten, im Zeitraum von drei Jahren, vom Tag der endgültigen Auftragserteilung an gerechnet, sowohl das Detailprojekt für die betreffende Bahnanlage auszuarbeiten als auch den Bau selbst fertig zu stellen.

Der Vertreter der Großh. Badischen Generaldirektion wollte eine solche Verpflichtung nicht übernehmen.

Man war in Karlsruhe der Ansicht:

"Die Größe und die Schwierigkeit der Arbeit lasse deren Vollendung in der gewünschten Zeit sehr unsicher erscheinen.
Man könne daher von badischer Seite nur das Versprechen geben, alles aufbieten zu wollen, um den in Aussicht genommenen Vollendungstermin einzuhalten."

Allein für die Bearbeitung des Bauprojektes, d.h. für erstmalige Absteckung der Linie nach dem Projekt, für deren Nivellierung, für die Aufnahme von Querprofilen, für geologische und andere Bodenuntersuchungen, Herstellung der Güterpläne, Eintragung des Projektes in die Lagepläne und Profile, für die Anfertigung der Massenberechnung und Projektierung von etwa 500 Bauwerken und für die ausführliche Kostenberechnung mußte mindestens ein Jahr in Anspruch genommen werden.

Für die Bauausführung von 70 km Bahn, mit einem Bauaufwand von 37 Mio Mark, blieben im günstigsten Fall noch zwei Jahre übrig. In diesen zwei Jahren mußten 3,5 Mio Kubikmeter Erdmasse bewegt werden, 9.000 lfd. Meter vollständig ausgemauerte Tunnels, 500 Bauwerke, darunter acht große Brücken und Talübergänge, 270.000 Kubikmeter Mauerwerk und 3000 Tonnen eiserne Brückenkonstruktionen hergestellt werden. Das war viel Arbeit für zwei Jahre.

Für die richtige Beurteilung der Lage sollte noch in Betracht gezogen werden, daß es im Bereich der neuen Bahnen fast durchweg an geeigneten Bausteinen fehlte. Zu berücksichtigen war auch, daß der ganze Baudienst erst organisiert werden mußte. Es fehlte der Badischen Eisenbahnverwaltung auch an genügendem technischen Personal.

Es mußten öffentliche Ausschreibungen vorgenommen werden und daher mit Unternehmern gearbeitet werden, deren Qualifikation man nicht kannte. Die geäußerten Bedenken der Großh. Badischen Eisenbahnverwaltung waren daher nicht unbegründet, das Projekt innerhalb von 3 Jahren nicht vollenden zu können.

Andererseits kann man die Tatsache, daß das Projekt doch in dieser Zeitspanne verwirklicht wurde, dafür heranziehen, daß es der Generaldirektion durchaus ernst war, ein Beweis dafür zu liefern, daß ein an höherer Stelle gegebenes Versprechen mit allen Mitteln erfüllt werden mußte, eine Haltung, die auch heute noch durchaus in der Bevölkerung dieses Landes zu finden ist.

Nachdem sich Baden also bei den Verhandlungen in Berlin Anfang 1887 grundsätzlich bereit erklärte, den Bau der betreffenden strategischen Bahnen zu übernehmen und der defintive Auftrag hierzu mit großer Sicherheit in Kürze zu erwarten war , wurde wegen der außergewöhnlichen Dringlichkeit mit den Vorbereitungen für den Bau sofort begonnen.

Zuerst wurden mehrere Bauinspektionen eingerichtet. Für die Strecken Leopoldshöhe- Lörrach und Schopfheim-Säckingen war eine Bauinspektion in Schopfheim eine vorgesehen. Dies scheiterte jedoch mangels geeigneter Büros und Wohnungen für das Personal. Man mußte auf Lörrach zurückgreifen. dort waren die nötigen Lokalitäten vorhanden. Dieser Sitz hatte sich für beide Strecken bewährt.

Ende Mai genehmigte der Reichstag in dritter Lesung die beantragten Mittel für die Umgehungsbahnen.

Das Großherzogliche Ministerium der Finanzen ordnete daraufhin die Organisation des Baudienstes mit den Bauinspektionen an. Dies konnte somit sofort vollzogen werden.

Als die Richtung der Bahnstrecke abgesteckt und nivelliert war, begann man sofort mit dem Bau des 3170 m langen
Großherzog-Friedrich-Tunnel (Fahrnauer Tunnel).

Gegenüber dem Vorprojekt mussten noch einige Änderungen vorgenommen werden.

Anstatt einer Signalstation für Militärzwecke sollte nun vor dem westlichen Eingang des Fahrnauer Tunnels eine kleine Stationsanlage für den Lokalverkehr eingerichtet werden.

Der ursprünglich gewählte Anschluß der Bahn an die Rheintallinie mittels einer neu zu errichtenden Station Wallbach wurde fallengelassen. Die Linie sollte nun in Säckingen enden.

Die geplante Station Wallbach wurde nicht ausgeführt, dafür zwischen Öflingen und Säckingen ein neuer Bahnhof Brennet eingerichtet.

Der ganze Bahnkörper, einschließlich Tunnel und Bauwerke, mit Ausnahme der Brücken, sollte sofort für eine zweite Spur angelegt werden.

Auf dem Streckenabschnitt zwischen der Wehra und dem Bahnhof Öflingen befürchtete man Rutschungen, da hier die Linie an steilen Halden hing, in welche der Bahnkörper teils eingeschnitten, teils angeschüttet werden mußte. Die Halde bestand aus wäßrigem, von Quellen durchzogenem und mit Geröll vermischtem Lehm.

Es wurden daher im Projekt Futtermauern, Entwässerung, Quellenfassungen usw. vorgesehen. Trotzdem sind später Rutschungen infolge nicht erkannter Quellen vorgekommen.

Schwierig war die Materialbeschaffung für den Fahrnauer Tunnel. Die zahlreichen Steinbrüche des Wiesentales und des Dinkelberges konnten kein taugliches Material für große Bauwerke liefern. Nur die Brüche bei Inzlingen, bei Warmbach und Rheinfelden konnten geeignete Steine liefern, deckten jedoch den Bedarf bei weitem nicht. Man brach daher nur Steine für die Widerlager des Fahrnauer Tunnels aus der Umgebung. Für die Herstellung des Gewölbes mußte man auf weit entfernte Steinbrüche zurückgreifen. Dies hatte eine verspätete Vollendung des Tunnels zur Folge.

Was die Tunnelportale anbelangte, wurden diese einfach gehalten. Bezüglich ihrer architektonischen Gestaltung waren sie gegenüber Tunnelportalen der übrigen badischen Strecken zum Beispiel denjenigen irn Taubertal, Odenwald- und Neckartal und der oberen Rheintalbahn weit zurück.

Das zweite größere Bauwerk der neuen Strecke war die Wehratalbrücke beim Bahnhof Wehr. Sie mußte den Fluss Wehra unter einem Winkel von ca. 32 Grad in einem Bogen überspannen, was für die Konstruktion der Brücke sehr schwierig war. Das Durchflußprofd unter der Brücke war auf das zulässige kleinste Maß zu beschränken. Dies erforderte umfassende Berechnungen über die Hochwassermenge der Wehra.

Die Wehra entspringt 18 km oberhalb der Baustelle bei Todtmoos. Das Flußgebiet hat eine Ausdehnung von etwa 76 qkm. Man nahm an, daß auf den Quadratkilometer eine Niederschlagsmenge von 2 cbm kommen könnte. Hieraus ergäbe sich eine Hochwassermenge von 150 cbm imVergleich zu anderen Flußgebieten mit ähnlicher Größe und etwa gleichhohen steilen Hängen.

Es wurde daher festgesetzt, daß der Durchfluß nur eine Öffnung brauche. Dies könnte mit einer Eisenkonstruktion von 60 Metern Länge erreicht werden. Nach Ansicht der Flußbauverwaltung würde der höchste Wasserstand 2,50 Meter nicht überschreiten.
Die Brückenfahrbahn würde so hoch über dem Hochwasser liegen, daß ein Zwischenraum zwischen der Unterkante der Brücke und dem Hochwasser von 5 Metern verbleiben würde. Die Brücke wurde als eine Eisenkonstruktion aus einem Fachwerk mit geradlinigen, parallelen Gurten geplant, mit einem Seitenträger und einem stärkeren Mittelträger für ein etwa später zu er- richtendes zweites Gleis. Die Gründung geschah auf Beton mit anschließender Mauerung.

Der Oberbau sollte nach badischer Normalform hergestestellt werden, mit Schlagsschotter, eisernen Schwellen, 9 Meter langen und 129 mm hohen Stahlschienen.

Die Verbindung von Weichen und Signalhebeln war im Reichsüberschlag in sehr einfacher Weise angenommen worden, da man nur einfache Betriebsverhältnisse zu grunde legte. Das Badische Bahnpolizeireglement verlangte jedoch für alle Einfahrweichen eine Zentralweichenstellung, was schließlich einen Mehraufwand gegenüber dem Reichsanschlag forderte.

Bei der Planung der Wärterwohnungen und deren Zubehör, wurde davon ausgegangen, daß die Wärter in den benachbarten Ortschaften genügend Unterkunft finden würden. Dies verstieß jedoch gegen die badischen Grundsätze über die Wohnverhältnisse der Wärter.

Auf den bestehenden badischen Bahnen hatten beinahe sämtliche Wärter eine bahneigene Wohnung, und wo diese noch nicht vorhanden war , wurden sie nach und nach eingerichtet. Es sollte daher von diesem Prinzip nicht abgewichen werden, nur damit der Baukostenaufwand vermindert würde.

Daher wurden solche Wohnungen ("Wartstationen") eingerichtet, was den Reichsanschlag natürlich erhöhte.

Die "Wartstationen" wurden in der Regel dort eingerichtet, wo schienengleiche Bahnübergänge zu bewachen waren.

Die Anschlußbahnhöfe Schopfheim und Säckingen mußten verändert und erweitert werden. Dabei beschränkte man sich auf das Notwendigste, um die Kosten so niedrig wie möglich zu halten.

So wurde es auch mit den Zwischenstationen gehalten. Der hauptsächliche Unterschied zwischen den einzelnen Stationen bestand im Einrichten oder Weglassen eines Ausweichgleises für Militärzüge. Ansonsten haben diese Stationen die einfachen Einrichtungen, wie sie für den Lokalverkehr kleinerer Ortschaften von landwirtschaftlichem Gepräge üblich waren.

Die Stationen Wehr und Brennet sind nach dem Muster von Zollhaus-Blumberg, mit einem Ausweichgleis für Militärzüge angelegt. Leipferdingen ohne Ausweichgleis diente u.a. als Vorbild für Öflingen. Der Bahnhof Hasel und die Personenhaltestelle Fahrnau (Tunnel) standen für sich allein.

Auch die Stationshochbauten sind durchweg möglichst billig ausgeführt und enthalten in ihrer Ausstattung nur das äußerst Notwen- dige. Bei den Bahnhöfen mit Güterverkehr wurde der Güterschuppenteil mit dem Aufnahmegebäude zusammengebaut, was später, personalwirtschaftlich gesehen, von großer Bedeutung war.


Bauausführung der Strecke

Für den Bau der Strecke Schopfheim-Säckingen waren im ganzen 11.797.000 Mark veranschlagt. Hiervon sollten im Submissionsweg folgende Leistungen vergeben werden:

Erdarbeiten
860.000 Mark
Wegübergänge
215.000 Mark
Brücken und Durchlässe
275.000 Mark
Tunnel
5.000.000 Mark
Gleisbettung
120.000 Mark
Gesamtsumme
6.470.000 Mark

Da dieser Betrag sehr hoch war, teilte man die Arbeiten in verschiedene Lose. Der größte Teil fiel auf den Abschnitt, in welchem sich der Tunnel befindet.

Von der rechtzeitigen Fertigstellung des 3170 m langen Tunnels hing es hauptsächlich ab, ob die Bahn bis Ende Mai 1890 termingerecht fertiggestellt werden konnte. Die sofortige Inangriffnahme des Tunnelprojektes war daher äußerst wichtig. Als die Strecke zwischen Schopfheim und Säckingen zuverlässig abgesteckt und nivelliert war, wurden die Tunnelarbeiten sofort Mitte Juli 1887 zur Submission ausgeschrieben.

Unter den fünf Bewerbern hatte das Unternehmen L. Arnoldi aus Mainz und Holzmann aus Frankfurt/Main die günstigsten Angebote gemacht. Ihnen wurde am 11.August 1887 der Zuschlag erteilt mit der Auflage, sofort mit den Arbeiten zu beginnen. Holzmann jedoch hatte sein Angebot kurz darauf zurückgezogen und den Auftrag Arnoldi allein überlassen.

Ebenfalls erhielt Arnoldi den Zuschlag für den Bau der Anschlußstrecke zwischen Schopfheim und Wehr mit einem Auftragsvolumen von 440.000 Mark.

Die übrige Bahnstrecke wurde in zwei weitere Lose geteilt, eines davon vom rechten Wehraufer bis Öflingen, das andere bis Anschluß an die Hochrheinstrecke. Das erste Los erhielt Angelo Castelli von Basel/Schweiz mit einer Auftragshöhe von 464.000 Mark.

Das zweite Los, das zuerst von Öflingen bis Wallbach vorgesehen war (Kosten 478.000 Mark) verlängerte sich später bis Säckingen. Den Zuschlag hierfür erhielt die Baufirma Asprion & Cie. aus Aschaffenburg, die unter sechs Bewerbern das günstigste Angebot machte.

Der wichtigste Bauabschnitt war, wie eingangs erwähnt, der Bau des Fahrnauer Tunnels. Die Bauaufsicht hierüber erhielt Abteilungsleiter Alfons Zollinger.

Mehr über den Tunnelbau finden Sie hier


Strecke von Schopfheim bis zur Wehra

Die freien Strecken vom Fahrnauer Tunnel bis Schopfheim auf der einen Seite und vom Tunnel bis zur Wehra auf der anderen Seite erhielt nachträglich der Unternehmer Arnoldi.

Vorarbeiten hierzu mußte jedoch der Unternehmer der Tunnelarbeiten leisten, da dieser auf der Strecke Tunnelbau- und Ausbruchmaterial befördern mußte.

Er mußte verschiedene Gerüste über den mehrmals zu überbrückenden Haselbach erstellen und ein Dienstbahngleis bis zur Schopfheimer Straße vor dem Ort Flienken (heute Ortsteil von Wehr) legen. Dieses Dienstbahngleis wurde allmählich bis zur Wehra fortgesetzt. Auf dieser Strecke verkehrten zuerst 2 Lokomotiven, welche neben dem Abtransport des Tunnelausbruches auch die Zufuhr der Baumaterialien sowohl für den Tunnel wie auch für die freie Strecke auszuführen hatten.

Von dem durchgehenden Dienstbahngleis zweigten zunächst bei Flinken zwei Seitengleise ab, von denen das eine nach rechts zu den Kalksteinbrüchen des Unternehmers, das andere nach links zu einem Zimmerplatz führte. Ein weiteres Nebengleis, das zur Beifuhr des Sandes diente, führte zu einer Sandwaschmaschine, welche neben der Station Wehr im Haselbachtälchen aufgestellt worden war.

Der Einschnitt bei Flienken besteht vorwiegend aus Kalkstein und erwies sich für den Unternehmer als vorteilhaft, da sich das dort entnommene Material gut für Schotter, Gesteinsstücken usw. eignete.

Bahnbau bei Wehr im Jahre 1889
(aus einem Kalenderbild)
Foto: Archiv Eisenbahnfreunde Wehratal e.V.

Auch das Abraummaterial des größten Einschnittes zwischen dem Tunnel und der Wehra, in welchem die Station Wehr liegt, konnte für den Bau vorteilhaft verwendet werden. Das Material des langgestreckten Kiesrückens, dessen Geröll aus Granit und Gneis besteht, konnte mit dem Pickel gelöst und zur Gewinnung von Sand und Schotter verwendet werden.

Mit einem Teil des Tunnelausbruchmaterials wurde das tieferliegende Gelände neben der Wehra oberhalb und unterhalb des Bahnüberganges aufgefüllt.

Der Unternehmer führte den Gleisverlauf der Dienstbahnen allerdings so ungeschickt , daß er das Abraummaterial nach der Entladung der Güterwagen mit den Schubkarren noch weite Strecken zur Verteilung befördern mußte.

Hätte er die Dienstbahn in einer Spitzkehre von der Dammkrone nach unten geführt, hätte er wohl eine weitere Lokomotive benötigt, dafür aber teure Arbeitsstunden gespart. Als Ausgleich hierfür ließ der Unternehmer, zunächst entgegen der Einsprüche der Bahnbauinspektion, das Abraummaterial auf andere, hierfür nicht bestimmte, jedoch bequemer gelegene Plätze in eigenmächtiger Weise ablagern. Die führte zwangsläufig zu Streitigkeiten und Prozessen mit den beteiligten Grundstückseigentümern. Erst auf fortgesetztes Drängen der Inspektion änderte Arnoldi seine Arbeitsweise.

Die Inspektion hatte auch mit Arnoldi große Schwierigkeiten, da er, obwohl vertraglich festgelegt, nichts in Ordnung brachte.

Nachdem die Wehrabrücke Ende Oktober 1889 vollendet wurde, konnte das Tunnelausbruchsmaterial mit etwa 21.000 cbm zur Herstellung des Bahndammes auf dem linken Wehraufer nach dorthin transportiert werden. Am 8. Februar 1890 war dieser Transport abgeschlossen. Bei der weiteren Bauausführung zeigte sich, daß der Unternehmer viel versprochen hatte und wenig hielt. Das Rollmaterial wurde sehr schlecht gewartet, was dauernd zu Entgleisungen und Betriebsstörungen führte. Obwohl auf dieser ganzen Baustrecke noch eine unbeschreibliche Unordnung herrschte, entließ der Unternehmer plötzlich alle Arbeiter. Das Aufräumen der Baustelle sowie die Vollendung einiger Vorhaben mußte daher auf Rechnung des Unternehmers an einen Dritten vergeben werden.


Strecke von der Wehra bis Öflingen

Den Zuschlag für die Bauarbeiten vom rechtsseitigen Wehraufer bis zur Station Öflingen erhielt der Unternehmer Angelo Castelli.

Darin war die Wehrabrücke mit ausgedehnten Uferschutzarbeiten eingeschlossen.

Am 16. Mai 1888 wurde mit den Bauarbeiten dieses Streckenabschnitts begonnen. Es wurden unterhalb des Wehraüberganges eine Schmiede und eine Wagnerei und später ein Schuppen für Dienstbahnlokomotiven eingerichtet. Im ersten Jahr wurden die Erdmassen noch ohne Lokomotive transportiert.

Erst mit Beginn des Jahres 1889 wurde eine Lokomotive für den Abraumtransport angeschafft. Die Spurweite der Feldbahn betrug 750 mm. Die Lok hatte ein Dienstgewicht von 5 t und 20 PS. Die 20 Wagen (zwei Vorkipper und 18 Seitenkipper) hatten je ein Gewicht von einer Tonne und ein Fassungsvermögen von 1,25 cbm.

Zuerst wurde mit dem etwa 30 m hohen Anschnitt auf der linken Seite der Wehra gleich unterhalb der Brücke begonnen, der noch manchen Kummer bereiten sollte. Schon am 3. Juni zeigte sich auf der Höhe ein bedeutender Bodenriß, der die Verschüttung der Wehra befürchten ließ. Links der Bahn war der Boden Letten mit eingelagertem Granitgeröll, rechts bestand er aus Kalksteinbänken, in welchen man auch einige Versteinerungen fand.

Nachdem die Kalkbänke abgehoben und das Bahnplanum hergestellt war , zeigte sich im November 1889 bei Absteckungen, daß das Gebiet rechts der Bahn in langsamer, aber stetiger Bewegung gegen die Wehra hin war. Sowohl der nahezu fertigen Bahn wie auch dem Fluß drohten größte Gefahr.

Daraufhin wurden parallel der Bahn Stollen getrieben, die der Entwässerung dienten. Das Rutschen wurde durch starken Wasserandrang im Berg verursacht. Nachdem die Stollen und Sickerschlitze vollendet waren, zeigte sich, daß die Stärke der Bewegung seit Ende Januar abnahm und schließlich aufhörte.

Die Wehrabrücke war das weitaus größte und wichtigste Bauwerk. Am 1. Juni 1888 wurde mit dem Fundamentaushub für das obere Widerlager begonnen.

Mehr über den Brückenbau finden Sie hier


Strecke von Öflingen bis Säckingen

Die Herstellung des Bahnkörpers auf dieser 5225 m langen Strecke wurde der Baufirma Asprion & Cie. übertragen.

Mitte September 1888 wurde mit dem Bau begonnen. Die umfangreichste Erdarbeit war das Ausheben des 500 m langen und 13 m tiefen Einschnittes hinter der Kirche in Öflingen.

Bahnüberführung südlich des Bahnhofs Brennet (Wehratal) im Jahre 1890
(Foto aus der Denkschrift des Erbauers)
Foto: Archiv Eisenbahnfreunde Wehratal e.V.

Drei Lokomotiven einer Dienstbahn von 900 mm Spurweite bewältigten die Transportarbeiten. Die Vollendung des Einschnittes verzögerte sich infolge großer Findlingssteine und sandiger und lehmiger Kiesschichten. Die übrigen Arbeiten bereiteten keine größeren Schwierigkeiten. Das Pflaster für Sickergräben usw. kam aus den Steinbrüchen von Schwörstadt, der Granit aus dem Säckinger Stadtwald. Das Bettungsmaterial lieferte eine Kiesgrube aus Wallbach.

Die im Bahnhof Säckingen nötigen Erweiterungsarbeiten besorgte der Bahnbauinspektor.


Ende des Jahres 1889 war die Bettung zur Aufnahme des Oberbaues bereit.

Schon ab Herbst 1889 wurden sämtliche Oberbaumaterialien nach Säckingen geliefert und von dort mit dem Materialzug auf den neuen Bahnkörper verbracht und sofort eingebaut. Ende Februar 1890 war der Oberbau auf der ganzen Strecke fertig.

Die Aufräumungsarbeiten gingen flott voran, so daß im April die Abnahmekommission den Bau übernehmen konnte.

Auch die Gleisanlagen der Bahnhöfe sowie die Bahnhofsgebäude samt Einrichtungen, waren ebenfalls fertiggestellt. So konnte nach verschiedenen Proben der "Hohen Kommission" aus Karlsruhe und der Generalstabsvertretung aus Berlin die Anlage ohne Beanstandungen übergeben werden.

Während des ganzen Baues der Umgehungsbahnen vom August 1887 bis Ende Mai 1890 wurden rund 5400 Mann beschäftigt. Diese verteilten sich auf die einzelnen Strecken wie folgt:

400 Mann auf der Strecke Leopoldshöhe-Lörrach;
1300 Mann auf der Strecke Schopfheim-Säckingen;
3700 auf dem Abschnitt Weizen-Immendingen.

Zum überwiegenden Teil waren die Arbeiter Italiener , eine kleinere Anzahl kam aus Bayern und Tirol. Nur zu einem verschwindend kleinen Prozentsatz waren einheimische Arbeiter beschäftigt.

Nach dem Verfasser der Denkschrift soll der Grund nicht darin gelegen haben, daß Einheimische von den Unternehmern nicht eingestellt worden wären, sondern weil sie selbst weder "Geschick noch Neigung für eine solche Art von Beschäftigung" besaßen und dieselbe nach wiederholten Versuchen in kürzester Zeit wieder verließen.

Es war nicht leicht, die vielen Fremden unterzubringen. Es mußten daher eine größere Anzahl solid gebauter Schlaf- und Verpflegungsbaracken erstellt werden. Es zeigte sich jedoch, daß die Arbeiter diese Baracken nicht gerne benützten. Sie zogen es vor, sich in den benachbarten Dörfern einzuquartieren, wenn ihre Unterkünfte dort auch noch so dürftig waren.

Entlang der Strecke entstanden italienische Wirtschaften und Ladengeschäfte. Der lebhafte, geräuschvolle Verkehr auf den Straßen erinnerte an kleine italienische Ortschaften, in denen sich an Sonntagen die ganze Bevölkerung zum Nichtstun auf der Straße versammelt. Trotz des großen Lärms, den die fremden Gäste zeitweise machten, kam es zu keinen größeren Schwierigkeiten.

Es war in Baden die Regel, daß nach Beendigung einer größeren Bauausführung, bei welcher Italiener beschäftigt waren, einige von ihnen zurückblieben und sich für dauernd ansiedelten.

Diesmal geschah dies nicht, sieht man von dem überaus fleißigen Erdarbeiter Soardi ab, der in Wehr seine zweite Heimat gefunden hatte. Alle sind sie wieder fortgezogen, vergessen sind die Namen wie Castelli,, der Bauunternehmer; Arnoldi, der Brückenbauer oder der Ackerraindurchbrecher Sambinelli, deren Namen für all die anderen stehen sollen. Verdient haben sie hier alle reichlich.

Aber auch die einheimische Bevölkerung hat am Bahnbau gut verdient, wenn sie sich auch nicht direkt als Bauarbeiter hervortat. Die Verpflegung der vielen Arbeiter während der 2 1/2 Jahre ließ man sich gut bezahlen und es sind enorme Beträge eingenommen worden.

Gelände wurde zu einem sehr hohen Preis verkauft. Die Einheimischen verdienten auch gut bei Dienstleistungen für die Bahnverwaltung wie auch für die Unternehmer.

Unglücksfälle blieben trotz aller Schutzvorkehrungen, Vorsichtsmaßregeln und Ermahnungen nicht aus. Zahlreiche Arbeiter wurden verletzt und 38 fanden beim Bau der Umgehungsbahnen sogar den Tod. Auf der Strecke Schopfheim- Säckingen verunglückten 13 Mann tödlich.

Die folgende Tabelle zeigt die für den Bahnbau (nach Abrechnung mit allen Unternehmern und unter Einschluß aller Ausgaben bis zum 12. Januar 1891) im Vergleich zum Reichsüberschlag aufgewendeten Mittel :

Gegenstand
Kosten des Abschnitts Schopfheim - Säckingen
 
wirklicher Aufwand
in Mark
nach Reichsüberschlag
in Mark
Grunderwerb
535 396
436 520
Erd- und Böschungsarbeiten
843 395
1 287 034
Einfriedungen
14 310
16 000
Wegübergänge
251 504
230 114
Brücken und Durchlässe
380 191
385 620
Tunnel
6 136 710
5 481 000
Oberbau
821 370
669 296
Signale
181 709
126 331
Bahnhöfe
597 798
415 000
Werkstättenanlagen und
Außerordentliche Anlagen
87 965
20 000
Betriebsmittel
738 454
703 600
Verwaltungsaufwand
341 515
381 700
Unvorhergesehenes
105 683
496 211
Summe
11 036 000
10 649 000

 

Der tatsächliche Bauaufwand überschritt den Reichsüberschlag um 387.000 Mark. Das sind rund 3,6%.

Die hauptsächliche Schuld an der Überschreitung des Reichsüberschlags trägt der Fahrnauer Tunnel. Die ungünstigen Verhältnisse, die hier auftraten, konnten nicht vor- ausgesehen werden. Man nahm an, daß wenig druckhaftes, aus Kalkstein bestehendes Gebirge zu durchbrechen sei. Statt dessen wurde bei der Ausführung ein fast durchweg nasser und druckhafter Mergel vorgefunden, der starke Ausmauerungen und auf ausgedehnten Strecken auch Sohlengewölbe nötig machte.

Beim Grunderwerb war die Überschreitung deshalb so hoch, weil die meisten Erwerbungen nur auf dem Prozeßwege erfolgen konnten.

Weitere Kosten entstanden durch den Anschluß der Strecke an die Hochrheinbahn in Säckingen, statt wie vorgesehen in Wallbach, den Uferschutz an der Wehra und die Errichtung ursprünglich nicht vorgesehener Telegrafen- und Zentralweichenapparate.

Am 20 Mai 1890 konnte die Bahnlinie dann feierlich eröffnet werden.

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